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Gesellschaft

Kreative Kreationisten

Soeben lese ich auf Telepolis einen Artikel mit dem schönen Titel „Wann hat Gott die Bakterien und vor allem die Krankheitserreger geschaffen?“ und schüttele den Kopf. Nicht über den Artikel, der ist hervorragend, sondern über die Menschen, von denen er erzählt.

Es ist ja nicht so, dass ich etwas persönlich gegen Anhänger des Kreationismus hätte. Wie bei vielen Dingen glaube ich eben nicht daran, aber – meinetwegen. Schließlich bin auch ich Christ und kann in gewissem Ausmaß verstehen, wenn stark gläubige Menschen eben auch ihre Vorstellung von der Entstehung der Welt absolutistisch an der Bibel festmachen.

Aber diese Erkenntnisse als „Wissenschaft“ verkaufen, so wie es der Kreationistenverein Answering Genesis jetzt tut? Ein „Creation Museum“ eröffnen? Und – jetzt kommts – gar eine wissenschaftliche Zeitschrift gründen, in der Artikel veröffentlicht werden á la „Microbes and the Days of Creation“ von A. Gillen? Ich finde das geht einfach zu weit. Es lässt ja immerhin hoffen, dass diese Artikel nicht in anderen Zeitschriften erscheinen und sie nur deshalb ihre eigene Zeitschrift gründen mussten. Allerdings finde ich diese Praxis sowas von… weltfremd, ich kann mir nicht helfen.

Man glaubt bei Answering Genesis fest daran, dass die Dinosaurier zeitgleich mit den Menschen gelebt haben und nur durch die Sintflut umkamen. Die gefundenen Fossilien seien Opfer der Sintflut. Kreationisten würden sich nicht einmal wundern, wenn es heute noch ein paar davon gäbe…

Wissenschaftler und Mediziner werden von Gillen in seinem Artikel gar als „creation scientists“ bezeichnet: „Past creation scientists such as Leeuwenhoek, Pasteur, and Lister were blessed by God as He revealed (Psalm 139:17a) to them critical insight into His creation. “ Aha!!!

Ich finde es dreist, dass solche Lehren gar an einer eigenen Universität verbreitet werden. Wissenschaft hat nichts mit Glauben zu tun, und wie damals schon Simon Singh sagte: No one has the right to guess. Wer an der Liberty University in Lynchburg, Virginia Biologie studiert, bekommt tatsächlich etwas von der „Jungen Erde“ und dem Kreationismus vermittelt. Gehts noch? Wir leben 150 Jahre nach Darwins Evolutionstheorie, für die moderne Wissenschaft ist sie keine Theorie, keine Spekulation mehr. Kann die Religion als Grundlage das Recht verleihen, Gegenlehren ohne mit der Wimper zu zucken als richtig darzustellen?

Ich will jetzt wirklich nicht in eine religiöse Diskussion einsteigen, aber das ist doch etwas lächerlich, oder? Auf mich wirkt das alles wie ein Versuch, wissenschaftliche Tatsachen mit aller Kraft zu negieren und für alles eine „Ausrede“ zu finden. Es tut mir leid, aber nach gesundem Menschenverstand erscheint mir die Evolutionstheorie einfach plausibler, und die Tatsache, dass es soviele Kreationstheorien wie Religionen gibt, brauche ich glaube ich nicht weiter zu erläutern.

Nun gut, ich überlasse das Weiterdenken dem geneigten Leser und verabschiede mich für heute. Viel Vergnügen mit diesen Fundstellen.